Widerruf trotz Probefahrt – oder: der schnelle Autokauf im Internet

Ein Verbraucher kann einen im Internet geschlossenen Kaufvertrag über ein Auto auch dann widerrufen, wenn er das Fahrzeugmodell zuvor beim Hersteller zur Probe gefahren ist.

In dem hier vom Landgericht Flensburg entschiedenen Fall bestellte ein Mann im Online-Shop eines amerikanischen Herstellers von Elektrofahrzeugen ein Auto. Zuvor hatte der Mann eine Probefahrt mit diesem Fahrzeugmodell gemacht. Zusammen mit dem Kaufvertrag wurde dem Mann eine Widerrufsbelehrung übermittelt. Darin ist für die Kontaktaufnahme bei einem etwaigen Widerruf die Adresse des Autoherstellers und eine Emailadresse angegeben. Einen Monat nach der Anlieferung des Autos übermittelte der Mann dem Autohersteller seinen Widerruf und verlangte eine Rückabwicklung seiner Bestellung.

Als der Hersteller sich weigerte, das Auto zurückzunehmen, klagte der Mann vor dem Landgericht Flensburg auf die Rücknahme des Autos und die Rückzahlung des Kaufpreises. Das Landgericht Flensburg hat die Klage abgewiesen:

Grundsätzlich habe der Käufer, so das Landgericht, bei einer Bestellung über das Internet auch dann ein Widerrufsrecht, wenn er das Auto zuvor „analog“ zur Probe gefahren habe. Die gesamte Vertragskommunikation habe über das Internet stattgefunden, weshalb ein Fernabsatzgeschäft vorgelegen habe.

Letztendlich sei der Widerruf jedoch unwirksam, da der Mann die gesetzliche Widerrufsfrist von 14 Tagen nicht eingehalten habe. Die vom Autohersteller übermittelte Widerrufsbelehrung sei in Ordnung gewesen. Insbesondere müsse bei einer Widerrufsbelehrung ohne ein Muster-Widerrufsformular keine Telefonnummer angegeben werden.

Grundsätzlich haben Verbraucher gegenüber Unternehmen ein 14-tätigiges Widerspruchsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei sog. Fernabsatzverträgen. Letzteres sind Verträge, bei denen ausschließlich über Fernkommunikationsmittel, wie das Internet oder auch das Telefon die vertragliche Kommunikation stattfindet. Bei solchen Verträgen müssen die Unternehmen über den Widerspruch und die Widerspruchsmodalitäten informieren. Wenn sie dies nicht tun, dann beginnt die Widerrufsfrist erst bei einer ordnungsgemäßen Belehrung, oder spätestens 12 Monate und 14 Tage nach dem Vertragsschluss zu laufen.

Landgericht Flensburg, Urteil vom 26. Juli 2024 – 3 O 65/24